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Ü 2

 


1818 –1821 Potsdam, 1. Garde-Regiment zu Fuß
                   Poczdam, 1 Pułk Gwardii pieszej
1821–1825 Breslau/Brieg, 10. Infanterieregiment
                  Wrocław/Brzeg, 10 Pułk Piechoty
1825–1830 Glogau, 6. Infanterieregiment
                  Głogow, 6 Pułk Piechoty.
1830–1833 Großherzogtum Posen, 6. Infanterieregiment
                   Wielkie Księstwo Poznańskie, 6 Pułk Piechoty.

 ARMEE 1818-1833


 

Erato        
Erato ist das erste Buch Gaudys, Erato ist die Muse von Liebesdichtung, Gesang und Tanz. Enthalten sind diese 3 Teile: Gedichte an Heinrich Heine, Prosa an August von Blumröder, Elegien an Jenny von Rochow.
   
VIII.   Die Wasserrose   Psyche’s Weihe.

Mancher schnöde Erz-Philister
Hat mich "liederlich" genannt.
Hatte wohl der Thor des Wortes
Inhaltschweren Sinn erkannt? –

Liederlich kommt her von "Liedern",
Wer viel Lieder hat gemacht,
Der ist "liederlich" zu nennen -
Und so weit hab' ich's gebracht.

  Aus der feuchten Ebne tauchte eine milchweise Blume auf, sie senkte den schamhaft geschlossenen Kelch auf ihre großen glänzenden Blätter, und die Wellen, welche der Ruder einförmiger Schlag erregte, küßten sehnsüchtig ihren schlanken Stengel. "Holde Blüthe, flüsterte der Jungling, du gleichest der Nymphe des Sees, wie sie über die Fläche schwebt, im schneeigen, zarten Gewande. Sey du das freundliche Bild meiner Dichtungen! Dir mögen sie gleich seyn an jungfräulicher Reinheit, in anspruchloser Anmuth.   Um das lockige Haupt der lieblich lächelnden Jungfrau
Schmiegt sich des Apfelbaums rosige Blüthe zum Kranz.
Aber ein Schmetterling umflattert mit farbigem Flügel,
Schimmernd im Sonnenglanz, gaukelnd und kosend die Flor.
Psyche senkt sich und küßt das Haupt der jüngern Schwester
Weihend, als Amor es hatte zum Siege gekränzt.

 


 

Die Kindheit.    
         

 

Glückliches Kind! noch fühlest Du nicht den Wechsel der Zeiten,
Sehnst nicht gestern zurück, rufest nicht morgen herbei.
Kaum hat die Gegenwart Raum in deinem Busen, die Zukunft
Ist dir der Abend, der Tag schließt Unendlichkeit ein.

Das Gedicht ist nicht zum Bild geschrieben.
Druck: 1823 Eidora. 1829 in Schlesische Blätter und in Erato.
Erst 1840 wird das Gedicht dem Bild zugeordnet:
Berlinisches Bilderbuch 2, 1840, Nr. II: Die Kindheit von Begas.
Carl Joseph Begas: Die Kindheit. (vor 1838).  

 

Der Winterbesuch.
In: Schlesische Blätter für Unterhaltung, Kunst und Literatur 13.6.1829.

Stürmisch heulet der Wind in der Eichen knorrigen Aesten,
Und das gefallene Laub wirbelt er spielend empor.
Heiter leuchtet der Mond. Der Wolken düstere Schatten
Theilet der Frost; im Lauf starret der murmelnde Bach.
Traun, nur der Frostverächter, der abgehärtete Waidmann,
Schleicht bei jetziger Zeit durch den entblätterten Wald,
Oder der Liebende noch. – Jetzt steh' ich am Fenster der Jungfrau,
Welches der gaukelnde Frost seltsam mit Blumen verziert.
Kaum daß das neidische Eis mich läßt die Geliebte gewahren,
Welche mit zierlicher Hand hurtig die Nadeln bewegt.
Oefters heftet sie auch ans Fenster verstohlene Blicke,
Durch das eisige Glas spähend mit forschendem Sinn.
Längst schon hätte sie meiner geharrt an der niederen Hausthür,
Aber die Mutter, sie sitzt leider am schnurrenden Rad
Ihr zur Seite; sie warnt und lehrt aus langer Erfahrung,
Und aus seufzender Brust preist sie vergangene Zeit.
Husten hemmt dann oft die oft wiederholte Erzählung,
Doch sie gleitet am Ohr meiner Geliebten vorbei.
Sinnend sitzet sie da; sie träumt von glücklicher Liebe,
Und ein lächelnder Zug schwebt um den rosigen Mund.
Jetzt, jetzt denkt sie an mich: ich seh's an den glänzenden Augen,
Seh's an der wallenden Brust, an der erröthenden Stirn.
Soll es wagen die Hand, an das Fenster leise zu pochen?
Nimmer, die Mutter wacht noch bei dem zarten Gespinnst.
Einzelner werden jedoch die Worte, der zierliche Faden
Schlüpft aus der Hand, und das Haupt neigt sich allmählig zum Schlaf;
Ruhend nicket es schon auf der Brust. – Jetzt winkt mir die Liebe:
Oeffne das Pförtchen mir, öffne, Theoda, geschwind!
Wohl, sie hat mich gehört. Sie kommt, sie öffnet die Hausthür,
Lächelt, und bietet des Munds rosige Lippe zum Kuß.
Traulich kosten wir nun im holden Wechselgespräche,
Bis des Mütterchens Ruf mir die Geliebte entriß.

Das Gedicht ist zu Gaudys Schulzeit in Schulpforta entstanden. Im Druck in Erato unter den Elegien an seine ehemalige Verlobte Jenny von Rochow. 

 


  

Schild-Sagen. 1834

Gaudys Heroldsdichtung ist in Armeezeiten entstanden, er wollte sie 1833 mit einer Widmung an den Kronprinzen herausgeben. Die Widmungserlaubnis wurde nicht gegeben, so erschienen die Schild-Sagen 1834 ohne Widmung, 1838 die 2. Auflage.

 
Gaudi Wappen
1.3 Schildsagen Waldburg 1.3 Schildsagen Bülow 1.3 Schildsagen Rohr 1.3 Schildsagen Kalkstein



 Wappenlegende
der Familie Gaudy

Franz von Gaudy

Als von dem meerumspülten Vaterlande
Der ernsten Sagen, von Norwegens Küsten,
Dein Ahnherr zog,* um auf dem fränk’schen Strande
Zu neuem Kampf und Siege sich zu rüsten,
     Da schwebte über Schottlands waldʹge Hügel
     Der Zweitracht Geist mit blutigschwerem Zügel.

Der Oberhäupter Groll, der langgenährte,
Entzündet rasch des Bürgerkrieges Flammen:
Es greift der Bordersmann zu Schild und Schwerte,
Das Blutkreuz ruft den muth’gen Clan zusammen;
    Auf allen Hügeln lodern riesʹge Gluthen,
    Sich spiegelnd in der Seeen Silberfluthen.

Und auf der Warthe des bemoosʹten Thurmes
Steht trüben Blicks der Freiherr mit den Söhnen,
Und wie das Brüllen wetterschwangern Sturmes
Hört er der Feinde Schlachtruf näher tönen. –
    Die Söhne spähen aus des Vaters Zügen
    Ob Hoffnung oder keine sei zu Siegen.

Fällt meine Burg, so spricht mit ernstem Tone
Der Freiherr, unter meiner Gegner Menge,
So flieht den Haß der feindlichen Barone
Und rettet sicher euch aus dem Gedränge.
    Zerschmettert gleich den Stamm des Blitzes Flamme,
    So werdʹ ein jeder Zweig zum neuen Stamme!

Die Burg, sie fiel. Der Söhne Dreizahl theilte,
Als Vater sie und Vaterland verloren,
Sich schmerzlich, und nach Frankreichs Gauen eilte
Der jüngern Paar; doch der zuerst geboren,
    Floh nach des finstern Preußens Bernstein-Strande,
    Und weihte es zum neuen Vaterlande.

Mein Ahnherr war’s. – Schon manch Jahrhundert eilte
Im schnellen Flug vorbei. Der Jüngling sehnte
Zurück zum Land sich, wo sein Stamm verweilte –
Die Sehnsucht schwoll, als Walterʹs Lied ertönte.
    Da grüßte, wie mit heimisch-freudʹgen Klängen,
    Ein ferner Freund den Jüngling in Gesängen.


*) Die Anrede gilt Friedrich de la Motte Fouqué, mit dem Gaudy 1823/24 über eine verwandtschaftliche Beziehung in Verbindung stand. Fouqués Ahnen kamen der Sage nach aus Norwegen, die Gaudys aus Schottland. Gaudy schrieb ihm zu Ehren das Fouqué-Heroldsgedicht Wappendeutung. An Friedrich Baron de la Motte Fouqué, das 1829 in Erato (S. 67-71) und 1834 mit anderen Wappengedichten in Schild-Sagen (S. 19-23) erschien.

 

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Gaudys Wasserfrauen

1. Die drei Schlangen 1823 >> von Wrochem 1834.

 
 

 

 Die Versdichtung Die drei Schlangen schildert schöne Wasserfeen, die einen Knaben in ihrem kristallenen Wasserschloß hüten. Anregung von Der Goldne Topf von E. T. A. Hoffmann, dort sind es »drei in grünem Gold erglänzende Schlängelein«, bei Gaudy »im schillernd grünen Glanz / drei goldgekrönte Schlangen«. Die drei Schlangen von 1823 werden später (1834) in drei heraldische Schwäne verwandelt, in den drei Blüten symbolisch als Bild für Glaube, Liebe und Hoffnung gedeutet und so zur Wappenlegende der schlesischen Adelsfamilie von Wrochem umgedichtet.

 2. Canaletta 1838

 

 

 

 


Vignette von Hans Wildermann (1946).

 Satire gegen die Zensur.

 Canaletta ist eine venezianische Undine, die so klein ist, daß sie auf den Schnurrbart eines ungarischen Soldaten paßt – Venedig stand zu dieser Zeit unter österreichischer Herrschaft. Dieser Soldat hat sie unwissentlich aus Gefahr gerettet, als Dank verspricht sie ihm freie Wünsche, die sie als Elementargeist erfüllen wird, alle Wünsche, „nur nicht das Unmögliche“.

Lange geht es mit allen einfachen Soldatenwünschen gut, Essen, Wein, Taback, alles wird ihm herbeigezaubert. Doch dann will er einem jammernden, unbekannten Dichter einfach nur helfen, daß dessen Elegie gedruckt werden kann. Damit hat er das „Unmögliche“ verlangt, ohne Zensur geht nichts. Die herrschende Zensur – die preußische erscheint hier versteckt als „Mailänder Ober-Censurbehörde“ – können Götter nicht, geschweige denn Elementargeister überwinden.

Gaudy: Canaletta. Die drei Schlangen. Mit Ill. von Rainer Ehrt. Nachwort von Doris Fouquet-Plümacher. Gransee: Schwarzdruck 2022

 

Illustration von Rainer Ehrt.

 

Gaudy: Ausgewählte Werke. Bd. 1:
Venetianische Novellen und italienische Erzählungen.
Hildesheim Olms 2020. Canaletta S. 144-156.